Alex Feuerherdt: Antisemitismus im Fußball – Kick it out!

Lesung

Datum: Mi, 10.7.
Zeit: 18:00 - 21:00

Kick it out!
Zur Genese und Gegenwart des Antisemitismus im Fußball

Im Herbst 2017 kursierte im Vorfeld des Leipziger Lokalduells zwischen der BSG Chemie und dem 1. FC Lok ein Plakat von Lok-Anhängern. Es zeigte Anne Frank in einem Trikot des Gegners, statt des Logos prangte auf dem Hemd die Buchstabenkombination »JDN CHM« – was, um die fehlenden Vokale ergänzt, »Juden Chemie« heißen sollte. Jenes Mädchen, das von den Nationalsozialisten ins Konzentrationslager Bergen-Belsen deportiert wurde, dort tödlich erkrankte und starb, wurde also als Symbol missbraucht, um die BSG Chemie in antisemitischer Absicht als »Judenklub« zu verunglimpfen.
Ein Einzelfall ist das nicht. Bei Spielen des FC Carl Zeiss Jena etwa kommt es immer wieder zu »Juden Jena«-Rufen, Offenbacher Anhänger bedachten die Fans von Eintracht Frankfurt bei einem Regionalligaspiel mit Parolen wie »Zyklon-B für die SGE« und »Judenschweine«. Bei Partien der jüdischen Makkabi-Vereine gibt es regelmäßig antisemitische Vorfälle, herbeigeführt mal durch Rechtsextremisten und immer häufiger auch durch muslimische Spieler.
Auch im Fußball ist Antisemitismus also nach wie vor präsent – sowohl hierzulande als auch in vielen anderen Ländern, in den großen Stadien wie auf den Amateurplätzen. Das Simon Wiesenthal Center hat die europäischen Fußballfans 2012 in seiner alljährlichen Liste der schlimmsten antisemitischen Verunglimpfungen sogar auf Platz vier geführt.
Der Antisemitismus im Fußball äußert sich aber nicht nur in offensichtlicher Weise, sondern beispielsweise auch in den seit Jahrzehnten zu beobachtenden, nicht enden wollenden Boykottaktivitäten gegen israelische Mannschaften, in massiven Störungen ihrer Partien und in Angriffen auf ihre Spieler. Zudem spiegelt er sich strukturell in mancherlei Hinsicht in der vielfach sehr emotional und ideologisch geführten Debatte über die Kommerzialisierung des Fußballs wider.
In seinem Vortrag wird Alex Feuerherdt, Publizist und ehemaliger Fußball-Schiedsrichter, analysieren, wie sich der Antisemitismus im Fußball äußert, welche Funktionen er übernimmt, weshalb seine Anziehungskraft so groß ist – und warum die Fußballverbände und -vereine bisweilen eher ein Teil des Problems als ein Teil der Lösung sind.